Beweislast Kündigungsschutzprozess
In einem Kündigungsschutzprozess trägt allein der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, die zur Kündigung geführt haben. Was genau es mit der Beweislast auf sich hat, welchen Verpflichtungen der Arbeitgeber schließlich nachkommen muss und welche Umstände eine Ausnahme darstellen, erfahren Sie im nachfolgenden Überblick.
Im Nachfolgenden daher alles zum Thema Beweislast Kündigungsschutzprozess:
- Was ist die Darlegungs- und Beweislast?
- Die Beweislast im Kündigungsschutzprozess
- Die Beweislast und die personenbedingte Kündigung
- Die Beweislast und die verhaltensbedingte Kündigung
- Die Beweislast und die betriebsbedingte Kündigung
- Die Beweislast und die außerordentliche Kündigung
- Ausnahmefall: Die Verdachtskündigung
- Unser Fazit zum Thema Beweislast Kündigung
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Was ist die Darlegungs- und Beweislast?
In einem regulären Zivilprozess obliegen beide Parteien der Darlegungs- und Beweislast. Beide Parteien sind also verpflichtet, jene Tatsachen darzulegen und zu beweisen, die die Wahrheit ihrer Behauptungen belegen und das Gericht davon überzeugen. Laut §§ 371 bis 455 ZPO gelten neben Augenschein, Zeugenberichten und Urkunden auch Sachverständiger und Parteivernehmungen als zugelassene Beweismittel. Gelingt die Beweislast einer Partei nicht, so werden die behaupteten Umstände als nicht vorhanden angesehen.
Die Beweislast im Kündigungsschutzprozess
Im Falle einer Kündigung muss der Arbeitgeber unbedingt die Kündigungsgründe darlegen und beweisen. Er alleine trägt also im Kündigungsschutzprozess die Beweislast für die Tatsachen, die die Kündigung bedingen. Dies wird mit § 1 Absatz 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) festgehalten. Voraussetzung dafür, dass das Kündigungsschutzgesetz überhaupt greift, ist jedoch die Regel, dass in dem betroffenen Betrieb mehr als 10 Vollzeitarbeitnehmer, ausschließlich Auszubildende, tätig sein müssen.
Die Beweislast und die personenbedingte Kündigung
Liegen die Gründe für die Kündigung in der Person des Arbeitnehmers, so spricht man von einer personenbedingten Kündigung. Das geläufigste Beispiel für einen personenbedingten Kündigungsgrund ist die Krankheit. Kommt es zu einer krankheitsbedingten Kündigung seitens des Arbeitgebers, muss zwingend eine negative Gesundheitsprognose bestehen. Es sollte also davon ausgegangen werden, dass der betroffene Mitarbeiter entweder für nicht absehbare Zeit krank sein wird oder es aufgrund von häufigen Kurzerkrankungen in Zukunft zu erheblichen Fehlzeiten kommt.
So sieht die Beweislastverteilung aus:
- Der Arbeitgeber muss die Art und Dauer der Erkrankung des Arbeitnehmers angeben, um eine negative Gesundheitsprognose und häufige Fehlzeiten vor dem Gericht darzulegen
- Der Arbeitnehmer kann dagegen angehen, indem er beispielsweise seine Ärzte von der Schweigepflicht entbindet, sodass diese eine positive Gesundheitsprognose belegen können
- Nun liegt es wieder am Arbeitgeber Indizien für eine negative Gesundheitsprognose vorzutragen, gelingt dies nicht, ist die Indizwirkung, die von bisherigen und zukünftigen Fehlzeiten ausgeht, widerlegt
Die Beweislast und die verhaltensbedingte Kündigung
Liegen die Gründe für die Kündigung im Verhalten des Arbeitnehmers, ist die Rede von einer verhaltensbedingten Kündigung. Dem Arbeitnehmer aufgrund seines Verhaltens zu kündigen, ist nur rechtmäßig, wenn eine schuldhafte Vertragsverletzung mit betrieblichen Auswirkungen vorliegt. Außerdem muss das Verhalten als steuerbar und vorwerfbar angesehen werden. Möchte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer dennoch aus verhaltensbedingten Gründen kündigen, so ist dieser darlegungs- und beweispflichtig.
So sieht die Beweislastverteilung aus:
- Einer verhaltensbedingten Kündigung muss in der Regel eine Abmahnung vorausgehen. Der Arbeitgeber ist also zunächst dazu verpflichtet zu beweisen, dass er den Arbeitnehmer ordnungsgemäß abgemahnt hat
- Als nächstes muss der Arbeitgeber beweisen, dass der Arbeitnehmer gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis verstoßen hat, schafft er es nicht, ist die Indizwirkung, die von einer schuldhaften Vertragsverletzung ausgeht, erschüttert
Die Beweislast und die betriebsbedingte Kündigung
Eine betriebsbedingte Kündigung ist häufig mit einem Wegfall des Arbeitsplatzes verbunden. Hier sorgen also betriebliche Erfordernisse dafür, dass eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb nicht möglich ist. In diesem Fall muss der Arbeitgeber beweisen, dass er alles dafür getan hat die betriebsbedingte Kündigung zu vermeiden.
So sieht die Beweislastverteilung aus:
- Der Arbeitgeber muss zunächst einmal sachlich nachvollziehbar darlegen und beweisen, welche außerbetrieblichen oder innerbetrieblichen Umstände ihn dazu gebracht haben eine Unternehmerentscheidung zu treffen, die zu einer betriebsbedingten Kündigung führt
- Als nächstes hat der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass es keine weiteren Beschäftigungsmöglichkeiten für den Arbeitnehmer im Unternehmen gibt
- Des Weiteren muss der Arbeitgeber beweisen, dass er eine soziale Auswahl vorgenommen hat. Er muss also begründen, dass er die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, Unterhaltspflichten und eine eventuelle Schwerbehinderung des Arbeitnehmers unbedingt beachtet hat, bevor er seine Auswahl getroffen hat.
- Der Arbeitnehmer kann dagegen angehen, indem er beispielsweise belegt, dass keine oder eine fehlerhafte soziale Auswahl getroffen wurde, daran scheitern immerhin die meisten betrieblichen Kündigungen
Die Beweislast und die außerordentliche Kündigung
Die außerordentliche oder auch fristlose Kündigung kann gemäß § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nur in Kraft treten, wenn ein wirklich wichtiger Kündigungsgrund vorliegt. Für den Arbeitgeber gilt, dass er diesen in jedem Fall darlegen und beweisen muss.
So sieht die Beweislastverteilung aus:
- Die Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der Kündigungsgründe für die fristlose Kündigung erfolgen. Der Arbeitgeber trägt die Darlegungs- und Beweislasst dafür, dass die Kündigung innerhalb der angegebenen Frist liegt
- Der Arbeitgeber muss anschließend alle Tatsachen begründen und beweisen, die zu einer fristlosen Kündigung führten
Ausnahmefall: Die Verdachtskündigung
Die Verdachtskündigung stellt einen Ausnahmefall in der Beweispflicht dar, denn hier genügt schon der bloße Verdacht einer schwerwiegenden, strafbaren Handlung oder sonstigem beachtlichen Fehlverhalten, damit eine fristlose Kündigung gerechtfertigt ist. Der Grund hierfür liegt in der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, denn dieses kann ohne erforderliches Vertrauen nicht sicher fortgeführt werden. Unabdingbar für eine Verdachtskündigung ist jedoch immer die vorherige Anhörung des jeweiligen Arbeitnehmers, welcher dadurch die Chance bekommt, die Verdachtsmomente zu entkräften und für seine Unschuld zu plädieren.
Unser Fazit zum Thema Beweislast Kündigung
Der vorangegangene Beitrag schafft zunächst einen konkreten Überblick über die zentralen Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast in Bezug auf Kündigungsschutzprozesse. Die Auflistung ist jedoch nicht vollständig, da es unzählige Einzelfälle gibt. Grundsätzlich gilt, dass nur bewiesen werden muss, was auch bestritten wird. Unstreitiges muss deswegen nicht bewiesen werden. Als Arbeitnehmer hat man also während eines Kündigungsschutzprozesses immer die Möglichkeit die Aussagen Arbeitgebers anzufechten, sodass dieser die Tatsachen und Umstände darlegen und beweisen muss. Für dieses Vorhaben empfiehlt sich jedoch immer das Hinzuziehen eines Spezialisten für Arbeitsrecht.
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