Kündigungsfrist in der Insolvenz
Gemäß § 622 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) orientiert sich die Länge der Kündigungsfrist im Normalfall an der Dauer des Arbeitsverhältnisses. Wenn der Arbeitnehmer bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit einer Kündigungsfrist von mehr als drei Monaten gekündigt wurde, kann der Insolvenzverwalter eine sogenannte Nachkündigung aussprechen, wodurch die Kündigungsfrist auf drei Monate verkürzt wird.
Im Nachfolgenden daher alles zum Thema Kündigungsfrist in der Insolvenz:
- Ist eine Insolvenz überhaupt ein legitimer Kündigungsgrund?
- Worauf muss man bei einer Kündigung wegen Insolvenz achten?
- Außerordentliche Kündigung in der Insolvenz
- Kündigungsschutz in der Insolvenz
- Wie sollte man sich verhalten, wenn man eine Kündigung wegen Insolvenz erhält?
- Was sollte man tun, wenn ein Insolvenzverfahren bevorsteht?
- Welche Optionen hat man als Arbeitnehmer, wenn der insolvente Arbeitgeber noch Gehalt schuldet?
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Ist eine Insolvenz überhaupt ein legitimer Kündigungsgrund?
Gemäß dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nur unter bestimmten Voraussetzungen kündigen (Ausnahmen bei Kleinbetrieben, die bis zu zehn Angestellte beschäftigen). Dies gilt auch bei Unternehmen, die sich in einem Insolvenzverfahren befinden. Um eine Kündigung aussprechen zu können, benötigt der Arbeitgeber bzw. der Insolvenzverwalter also immer einen personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Grund.
Die Insolvenz eines Unternehmens bzw. die finanzielle Lage des Arbeitgebers ist dementsprechend kein legitimer Kündigungsgrund. Ein Unternehmen, welches sich in einem Insolvenzverfahren befindet, wird nicht einfach von heute auf morgen liquidiert. Die Angestellten führen deshalb während des Verfahrens ihre Arbeit weiterhin so gut wie möglich aus. Es ist nicht ungewöhnlich, dass gesamte Gesellschaften oder einzelne Unternehmensabschnitte aus der Insolvenz herausgeführt werden. Ein Insolvenzverfahren beinhaltet jedoch auch häufig betriebliche Umstrukturierungen. Diese Maßnahmen können zu betriebsbedingten Kündigungen führen. Eine betriebsbedingte Kündigung kann aber natürlich nur ausgesprochen werden, wenn die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt werden. So muss der Arbeitgeber zum Beispiel nachweisen können, dass es keine Möglichkeit gibt, die Angestellten dauerhaft im Betrieb zu beschäftigen, und dass alle milderen Lösungen ausgeschöpft wurden. Zudem sollten vorrangig Arbeitnehmer entlassen werden, die aufgrund ihres Alters, ihrer Betriebszugehörigkeit, ihrer Unterhaltspflichten und ihrer körperlichen Verfassung die geringste Schutzwürdigkeit vorweisen.
Einige Arbeitnehmergruppen genießen außerdem einen besonderen Kündigungsschutz. Die Kündigung dieser Arbeitnehmer ist auch während des Insolvenzverfahrens nur unter ganz bestimmten Bedingungen möglich. Zu den Arbeitnehmergruppen mit besonderem Kündigungsschutz zählen unter anderem Schwangere, Schwerbehinderte, Mitglieder des Betriebsrats und Eltern in Elternzeit.
Worauf muss man bei einer Kündigung wegen Insolvenz achten?
Als Arbeitnehmer genießt man auch während eines Insolvenzverfahrens weiterhin den allgemeinen Kündigungsschutz.
Es gibt während des Verfahrens jedoch einige Besonderheiten, die man berücksichtigen sollte:
Der Insolvenzverwalter:
Zu Beginn des Insolvenzverfahrens muss der Arbeitgeber eine wichtige Entscheidung treffen. Es geht hierbei um die Abwicklung des Verfahrens. Der Arbeitgeber kann das Insolvenzverfahren entweder selbst verwalten oder einen externen Insolvenzverwalter beauftragen.
Das Insolvenzgericht entscheidet sich fast immer dazu, die Verwaltungsaufgaben an einen externen Insolvenzverwalter zu übergehen. Bei Bestellung eines Insolvenzverwalters ist dieser ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens für die Verwaltung des Vermögens zuständig (§ 80 InsO). Er übernimmt die Aufgaben und Pflichten des Arbeitgebers und kann somit unter anderem auch Kündigungen aussprechen.
Die Rolle des Betriebsrats im Insolvenzverfahren:
Der Betriebsrat spielt während des Insolvenzverfahrens eine wichtige Rolle. Wenn der Insolvenzverwalter plant, das Unternehmen im Zuge des Verfahrens umzustrukturieren, muss er den Betriebsrat zuvor über sein Vorhaben informieren. Die Aufgabe des Betriebsrats ist es, mit dem Insolvenzverwalter über einen Interessenausgleich zu verhandeln. Wichtig ist hierbei vor allem, wann und in welcher Form die Umstrukturierung stattfinden soll. Außerdem bespricht der Betriebsrat für gewöhnlich die geplanten Kündigungen mit dem Insolvenzverwalter.
Die betriebsbedingte Kündigung ist dementsprechend leichter als im Normalfall. In der Regel macht der Insolvenzverwalter aber auch einige Zugeständnisse. Im Interessenausgleich sind beispielsweise häufig Informationen zu Abfindungen enthalten, die an die gekündigten Arbeitnehmer ausgezahlt werden sollen.
Kürzere Kündigungsfrist:
Bei einer ordentlichen Kündigung, die außerhalb eines Insolvenzverfahrens ausgesprochen wird, gilt immer die Kündigungsfrist gemäß § 622 BGB bzw. nach anwendbarem Tarifvertrag oder falls länger, nach Arbeitsvertrag. Sie orientiert sich an der Länge des Arbeitsverhältnisses und kann zwischen einem und sieben Monaten betragen. Manche Arbeitgeber verwenden spezielle Tarif- oder Arbeitsverträge, bei denen die Kündigungsfrist abweicht.
Kündigungen, die während eines Insolvenzverfahrens ausgesprochen werden, beachten jedoch stets eine Kündigungsfrist von maximal drei Monaten. Wenn ein Arbeitnehmer vom Insolvenzverwalter gekündigt wird, kann die Kündigungsfrist maximal drei Monate betragen. Falls die normale Kündigungsfrist kürzer als drei Monate ist, dient sie hingegen weiterhin als Kündigungsfrist (§ 113 InsO).
Bei solch einer vorzeitigen Kündigung hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, Schadensersatz zu verlangen. Die Höhe des Schadensersatzes orientiert sich an dem Gehalt, welches der Arbeitnehmer während der normalen Kündigungsfrist erhalten hätte und ihm nun entgeht, da die Kündigungsfrist abgekürzt wird. Da es sich hierbei um eine Insolvenzforderung handelt, erhält der Arbeitnehmer jedoch meist nur zwischen zwei und zehn Prozent des geforderten Betrags.
Befristete und unkündbare Arbeitsverträge:
Unkündbare und befristete Arbeitsverträge können für gewöhnlich nur unter bestimmten Voraussetzungen gekündigt werden. Bei Insolvenzverfahren gibt es diesen speziellen Schutz nicht. Arbeitnehmer, die mit solch einem Vertrag im Unternehmen angestellt sind, können also genau wie alle anderen Angestellten vom Insolvenzverwalter mit einer dreimonatigen Frist gekündigt werden.
Nachkündigung durch den Insolvenzverwalter:
Wenn das Arbeitsverhältnis bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gekündigt wurde, kann der Insolvenzverwalter eine zusätzliche Nachkündigung aussprechen. Solch eine Nachkündigung sorgt dafür, dass anstatt der gesetzlichen bzw. vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist nun die gesetzliche vorgeschriebene Kündigungsfrist für Insolvenzverfahren gilt. Diese Kündigungsfrist beträgt drei Monate.
Wie lang ist die Kündigungsfrist bei einer Kündigung wegen Insolvenz?
Laut § 113 InsO kann die Kündigungsfrist bei einer Kündigung, die während eines Insolvenzverfahrens ausgesprochen wird, maximal drei Monate betragen. Falls die normale Kündigungsfrist gemäß § 622 BGB kürzer als drei Monate ist, dient sie weiterhin als Kündigungsfrist.
Außerordentliche Kündigung in der Insolvenz
Manche Arbeitgeber versuchen eine bevorstehende Insolvenz mithilfe von großflächigen Kündigungsaktionen abzuwenden. Hierbei wird eine große Anzahl von Angestellten außerordentlich und fristlos entlassen. Diese Vorgehensweise ist jedoch illegal. Eine außerordentliche Kündigung sollte der Arbeitgeber nur als letztes Mittel aussprechen, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund eines schwerwiegenden Fehlverhaltens des Arbeitnehmers (z.B. Diebstahl oder sexuelle Belästigung von Kollegen) dauerhaft geschädigt wurde.
Die bevorstehende Insolvenz ist nicht das Resultat des Verhaltens der Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber hat somit nicht das Recht dazu, seine Angestellten mit außerordentlichen Kündigungen zu entlassen, um ein Insolvenzverfahren zu vermeiden. Dies gilt übrigens weiterhin nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Abgesehen von einigen spezifischen Einschränkungen gilt für die Arbeitnehmer auch während des Insolvenzverfahrens der normale Kündigungsschutz.
Kündigungsschutz in der Insolvenz
113 Satz 1 InsO besagt, dass sowohl der Arbeitnehmer als auch der Insolvenzverwalter das Recht haben, ein Arbeitsverhältnis, bei dem der Arbeitgeber der Schuldner ist, ohne weitere Rücksicht auf einen zuvor vereinbarten Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung und die zuvor vereinbarte Kündigungsfrist zu kündigen. Jegliche Sonderregelungen (z.B. ordentliche Kündigung oder tariflicher Ausschluss) und besondere Bindungen bei Befristungen werden durch dieses Gesetz entkräftet. Zudem gilt für Kündigungen, die während eines Insolvenzverfahrens ausgesprochen werden, immer eine maximale Kündigungsfrist von drei Monaten.
Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens hat keine direkten Auswirkungen auf den Bestand der Arbeitsverhältnisse. Wichtig ist hierbei jedoch, dass die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers bzw. Schuldners auf den Insolvenzverwalter übertragen werden (§ 80 Abs. 1 InsO). Wenn der Insolvenzverwalter eine Kündigung aussprechen will, ist er demnach dazu verpflichtet, die allgemeinen und besonderen Kündigungsschutzvorschriften (Kündigungsschutzgesetz, Mutterschutzgesetz, Pflegezeitgesetz, Schwerbehindertenkündigungsschutz nach SGB IX, Kündigungsschutz der Arbeitnehmervertreter nach § 15 KSchG etc.) sowie Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach § 102 BetrVG bzw. §§ 111 ff. BetrVG, aber auch bei Übertragung eines Betriebs oder Betriebsteils § 613a BGB zu beachten. Der Kündigungsprozess wird jedoch durch die Vorgaben der §§ 125, 126 InsO und des § 122 InsO etwas beschleunigt.
Insolvenz ist kein Grund für eine Kündigung. Im Rahmen eines Insolvenzverfahrens werden jedoch häufig betriebliche Umstrukturierungen vorgenommen, sodass die Arbeitnehmer in der Regel mit einer betriebsbedingten Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG entlassen werden.
Wie sollte man sich verhalten, wenn man eine Kündigung wegen Insolvenz erhält?
Der beste Weg, um sich gegen eine Kündigung wegen Insolvenz zu wehren, ist eine Kündigungsschutzklage. Wie bei anderen Kündigungen auch, muss die Klage innerhalb von drei Wochen ab der Zustellung der Kündigung beim jeweiligen Arbeitsgericht eingereicht werden. Eine Kündigungsschutzklage ist besonders empfehlenswert, wenn Sie weitere Ansprüche geltend machen wollen. Urlaubsgeld oder eine betriebliche Altersvorsorge sind beispielsweise legitime Gründe für eine Kündigungsschutzklage. In diesem Fall dient die Klage primär dazu, sicherzugehen, dass man bei einer späteren Auszahlung der Gläubiger seine rechtmäßige Forderung erhält. Wenn das Unternehmen saniert wird, haben Sie als Arbeitnehmer unter gewissen Umständen die Möglichkeit, sich Ihre Ansprüche auszahlen zu lassen. Hierfür ist es sehr hilfreich, wenn eine Kündigungsschutzklage erhoben wurde, da diese Ansprüche dann mit in den Rechtsstreit einbezogen werden können.
Wenn der Insolvenzverwalter einen oder mehrere Arbeitnehmer kündigen möchte, muss er zunächst eine Sozialauswahl durchführen. Mit einer Sozialauswahl wird anhand von relevanten Faktoren bestimmt, welcher Arbeitnehmer entlassen werden sollte. Hierbei spielen unter anderem die Dauer des Arbeitsverhältnisses, die bestehenden Unterhaltspflichten, das Lebensalter und die körperliche Verfassung eine wichtige Rolle. Der Insolvenzverwalter soll mit der Sozialauswahl den Arbeitnehmer finden, der aufgrund seiner Lebenssituation eine Kündigung am ehesten verkraften kann. Falls der Insolvenzverwalter keine Sozialauswahl durchführt oder Sie vermuten, dass die Auswahl nicht fair war, können Sie sich mit einer Klage gegen die Kündigung wehren. Der Arbeitgeber ist außerdem dazu verpflichtet, im Voraus auf eine massenhafte Entlassung hinzuweisen. Er muss somit die Agentur für Arbeit darüber informieren, dass er die Absicht hat, innerhalb eines Zeitraums von 30 Tagen eine bestimmte Anzahl von Angestellten zu entlassen. Falls er dies nicht meldet oder ihm bei der Meldung ein Fehler unterläuft, ist die Kündigung möglicherweise nicht rechtskräftig.
Was sollte man tun, wenn ein Insolvenzverfahren bevorsteht?
Falls der Arbeitgeber in den letzten Monaten mehrmals nur einen Teil des Gehalts oder gar keinen Lohn ausgezahlt hat und Sie deshalb befürchten, dass ein Insolvenzverfahren bevorsteht, sollte Sie möglichst bald Maßnahmen ergreifen, um Ihre Ansprüche als Arbeitnehmer zu sichern. Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel, frühzeitig Urlaub zu nehmen, um zu vermeiden, dass Ihr Anspruch auf Urlaub und Urlaubsentgelt während des Insolvenzverfahrens vernachlässigt wird. Außerdem ist es empfehlenswert, sich ein Zwischenzeugnis vom Arbeitgeber ausstellen zu lassen. Da Sie bei einem Insolvenzverfahren in der Regel Ihren Arbeitsplatz verlieren, sollten Sie bereits vor Eintritt des Insolvenzverfahrens Ihre Bewerbungsunterlagen aktualisieren. Aktuell gibt es noch keinen zeitlichen oder finanziellen Druck, sodass Sie in aller Ruhe nach einem neuen Arbeitsplatz suchen können. Falls Sie schon einen neuen Arbeitgeber gefunden haben und Ihr aktuelles Arbeitsverhältnis vor der Kündigungsfrist beenden möchten, sollten Sie Ihren Arbeitgeber um einen Aufhebungsvertrag bitten.
Welche Optionen hat man als Arbeitnehmer, wenn der insolvente Arbeitgeber noch Gehalt schuldet?
Ein kurz bevorstehendes Insolvenzverfahren lässt sich in der Regel anhand von einigen Merkmalen erkennen. Eines der häufigsten Indizien für eine Insolvenz ist zum Beispiel, dass das Gehalt bzw. der Lohn nur noch teilweise oder in manchen Fällen sogar gar nicht mehr gezahlt wird. Falls zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch offene Gehaltszahlung bestehen, werden Sie als Arbeitnehmer automatisch zum Gläubiger Ihres Arbeitgebers. Der nächste Schritt ist nun, eine schriftliche Forderung für das ausstehende Gehalt beim Arbeitgeber oder beim Insolvenzverwalter einzureichen. Wenn das Insolvenzverfahren bisher noch nicht eröffnet wurde, müssen Sie eine Auflistung der fehlenden bzw. unvollständigen Gehaltszahlungen an Ihren Arbeitgeber überreichen und ihn zur Zahlung der offenen Beträge auffordern. Falls das Insolvenzverfahren hingegen schon eröffnet wurde, sollten Sie die Auflistung dem Insolvenzverwalter zukommen lassen. Sie sollten hierbei außerdem berücksichtigen, dass offene Beträge, die in der Zeit vor dem Insolvenzverfahren einstanden sind, nur über einen gewissen Zeitraum nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingefordert werden können. Ggf. ist es ratsam, einen Antrag auf Insolvenzausfallgeld bei der Bundesagentur zu stellen. Achtung, hier gelten enge zeitliche Fristen.
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