Kann man fristlos gekündigt werden, wenn man schon gekündigt hat?
Das Betriebsklima stimmt nicht, Diskrepanzen mit dem Vorgesetzten erschweren den beruflichen Alltag oder der nächste Job ist bereits in Aussicht? Dann kann eine Kündigung unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfristen ein Mittel sein, um dem aktuellen Arbeitgeber den Rücken zu kehren. Doch Sie denken, mit einer ordentlichen Kündigung ist es getan? Das hindert Ihren Arbeitgeber möglicherweise nicht daran, Sie im Anschluss selbst fristlos zu kündigen.
Das kommt häufiger vor, als Sie vielleicht denken. Denn oftmals wird ein Arbeitnehmer nicht nur einmal gekündigt. Doch weshalb sollte ein Arbeitgeber Sie nach Ihrer ordentlichen Kündigung selbst noch einmal fristlos kündigen – also ohne Einhaltung jeglicher Kündigungsfristen? Und unter welchen Voraussetzungen wird eine solche fristlose Revanche-Kündigung anerkannt?
Im Nachfolgenden daher alles zum Thema Kann man fristlos gekündigt werden, wenn man schon gekündigt hat?:
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Zusammenfassung: Fristlose Kündigung nach ordentlicher Kündigung
Kann man nach einer ordentlichen Kündigung fristlos gekündigt werden?
Ja, grundsätzlich schon. Unter Umständen kann es dazu kommen, dass Sie als Arbeitnehmer eine ordentliche Kündigung zum Ende des Monats einreichen und Ihr Arbeitgeber Sie vor Ablauf der Kündigungsfrist noch fristlos kündigt.
Unter welchen Voraussetzungen darf eine fristlose Kündigung nach ordentlicher Kündigung erfolgen?
Generell darf eine fristlose Kündigung nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ausgesprochen werden. Dieser macht eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar. Dazu zählen beispielsweise Betrug, sexuelle Belästigung oder Diebstahl. Allerdings muss dafür zumeist im Vorfeld bereits eine Abmahnung erfolgt sein.
Unter welchen Umständen ist eine fristlose Kündigung nach ordentlicher Kündigung nicht möglich?
Eine fristlose Kündigung nach einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung aus exakt demselben Grund auszusprechen, ist nicht zulässig. Das geht aus dem Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz vom 24. Januar 2014 hervor (Az.: 1 Sa 451/13). Denn offensichtlich hatte der Arbeitgeber den Kündigungsanlass zuvor (als er die ordentliche Kündigung ausgesprochen hatte) als nicht so schwerwiegend eingeschätzt.
Was ist eine fristlose Kündigung?
Eine fristlose Kündigung ist eine Kündigung, die keinerlei ordentliche Kündigungsfristen einhält. Sie ist somit eine außerordentliche Kündigung und bedarf immer eines wichtigen Grundes, wie beispielsweise Diebstahl oder Betrug, der eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende der Kündigungsfrist unzumutbar machen würde.
Darf mein Arbeitgeber mich nun kündigen nach meiner Kündigung?
Der Gedanke, dass der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer durch eine außerordentliche Kündigung nach einer ordentlichen Kündigung schneller loswerden könnte, ist zwar nicht ganz abwegig, allerdings darf der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter nicht fristlos kündigen, wenn dieser bereits gekündigt hat, nur um ihn zu einem früheren Zeitpunkt loszuwerden. Das geht aus einem Urteil des Arbeitsgerichts (BAG) Siegburg vom 17. Juli 2019 hervor.
In diesem konkreten Fall hat ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis mit einer großzügigen Kündigungsfrist zum 15. April 2019 gekündigt. Daraufhin erhielt er von seinem Arbeitgeber eine Gegenkündigung, oder eine sogenannte Revanche-Kündigung mit einer Frist zu Ende Februar. Der Kündigungsgrund lautete „Abkehrwillen“ des Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer wiederum reichte dann eine Kündigungsschutzklage ein. Das Arbeitsgericht Siegburg entschied zugunsten des Arbeitnehmers, denn sein Abkehrwille sei kein Kündigungsgrund. Demnach endete das Arbeitsverhältnis zum 15. April.
Mögliche Gründe für eine fristlose Kündigung nach bereits erfolgter Kündigung
Nur, weil der Arbeitnehmer selbst gekündigt hat, bedeutet das nicht, dass er unkündbar ist. Der Arbeitgeber kann seinen Arbeitnehmer innerhalb der Kündigungsfrist weiterhin selbst kündigen, allerdings nur unter Einhaltung bestimmter Voraussetzungen.
Ein Beispiel: Hat der Arbeitnehmer eine bessere Arbeitsstelle gefunden, muss er eine ordentliche Kündigung bei seinem aktuellen Arbeitgeber einreichen. Oftmals hat der Arbeitnehmer dann den Gedanken, dass er bald aus dem Unternehmen ausscheiden werde und deshalb seine Pflichten nicht mehr ernst nehmen müsse. Dann kommt es nicht selten vor, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ordentlich verhaltensbedingt kündigt, da dieser seinen Pflichten nicht ausreichend nachkommt. In dem Fall muss der Arbeitgeber allerdings ebenfalls die Kündigungsfristen einhalten und einen Grund nachweisen. Ersteres ist wiederum meist nur möglich, wenn der Arbeitnehmer mit mehr Vorlauf gekündigt hat, als er eigentlich müsste. Der Arbeitnehmer muss in einem solchen Fall dann das Unternehmen dementsprechend nicht etwa beispielsweise in zwölf Wochen erst verlassen, sondern bereits in vier, noch vor seinem geplanten Ausscheiden.
Es gibt zwei Möglichkeiten für den Arbeitgeber, seinem Arbeitnehmer eine Gegenkündigung auszusprechen. Die eben beschriebene ordentliche verhaltensbedingte Kündigung und eine fristlose Kündigung bei einer Pflichtverletzung. Ein normaler, ordentlicher Grund, zu kündigen könnte darüber hinaus auch aus den Kategorien personenbedingt oder betriebsbedingt stammen.
Eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung ist demnach nur möglich, wenn der Arbeitnehmer gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstößt, wie beispielsweise regelmäßig zu spät kommt oder besonders langsam oder fehlerhaft arbeitet oder aber gegen die betriebliche Ordnung verstößt. Für die Aussprache einer solchen Kündigung ist aber in aller Regel eine vorherige Abmahnung notwendig.
Wenn der Arbeitnehmer also bereits wegen seiner regelmäßigen erheblichen Verspätungen eine Abmahnung erhalten hat, wenig später seinerseits mit Vorlaufzeit kündigt, wegen einer neuen Stelle, anschließend weiterhin in seinem aktuellen Noch-Job verspätet kommt, kann der Arbeitgeber eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen. Dadurch muss der Arbeitnehmer dann das Unternehmen noch vor seinem geplanten Ausscheiden verlassen.
Für eine fristlose Kündigung muss der Arbeitnehmer eine schwere Pflichtverletzung oder Rechtswidrigkeit begangen haben, die die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis Ende der Kündigungsfrist unzumutbar macht. Laut dem Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg aus dem Juli 2019 zählt der bloße „Abkehrwille“ des Arbeitnehmers allerdings nicht zu diesen Gründen.
Beispiele, die eine fristlose Kündigung nach einer ordentlichen Kündigung rechtfertigen würden, sind hingegen:
- Ernsthafte Arbeitsverweigerung
- Krankfeiern
- Tätliche Auseinandersetzungen
- Beleidigungen, Rufschädigung oder Beschimpfung
- Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz
- Oder Diebstahl sowie Betrugsversuch
Allerdings berechtigt nicht jeder dieser Verstöße den Arbeitgeber automatisch dazu, Ihnen eine fristlose Kündigung auszusprechen. Denn dabei kommt es stets auf den Einzelfall und die jeweiligen Einzelheiten an.
Zudem ist eine fristlose Kündigung des Arbeitnehmers nach einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung nicht rechtens, sollte diese dem exakt gleichen Anlass entsprechen, wie die vorangegangene Kündigung.
Fristen
Werden die Kündigungsfristen weder im Arbeitsvertrag noch in einem anwendbaren Tarifvertrag geregelt oder wird dort lediglich auf die gesetzlichen Vorschriften verwiesen, gilt in der Regel:
- Während der Probezeit: gem. § 622 Abs. 3 BGB beträgt die Kündigungsfrist genau zwei Wochen.
- Beschäftigungsdauer von bis zu zwei Jahren: gem. § 622 1 BGB beträgt die Kündigungsfrist in diesem Fall vier Wochen, jeweils bis zum 15. Oder zum Ende eines Kalendermonats.
- Beschäftigungsdauer ab zwei Jahre: Die Kündigungsfrist steigt gem. § 622 Abs. 2 BGB für den Arbeitgeber stufenweise an. Das bedeutet, dass die Kündigungsfrist somit ab einer Beschäftigungsdauer von mehr als fünf Jahren zwei Monate beträgt, bis zu einem Anstieg von sieben Monate bei einem 20 Jahre andauernden Arbeitsverhältnis.
- Ist die Kündigung allerdings fristlos, wird sie zu sofort ausgesprochen. Das ist für beide Parteien allerdings, wie erläutert, erst nach bestimmten Pflichtverstößen möglich.
Das bedeutet somit, dass die Kündigungsfrist für Arbeitnehmer nach Ablauf der Probezeit vier Woche beträgt, während sie für den Arbeitgeber hingegen bis zu sieben Monate betragen kann – sofern nichts anderes vereinbart.
Allerdings wird häufig vereinbart, dass die Kündigungsfristen für den Arbeitnehmer genau wie die des Arbeitgebers ansteigen.
Was zu beachten ist
Für eine fristlose Kündigung benötigt die kündigende Partei auch immer einen triftigen Grund. Kommt ein Arbeitnehmer lediglich seinen vertraglich vereinbarten Aufgaben nicht nach oder versäumt Fristen, kann auch zunächst ein klärendes Gespräch helfen. Führt es dann jedoch zu keiner Verbesserung, kann der Arbeitgeber eine fristlose Kündigung auch nach einer ordentlichen Kündigung des Arbeitnehmers aussprechen.
Hat der Angestellte bereits eine neue Stelle, fällt es für ihn meist nicht zu sehr ins Gewicht, ob er diese einen Monat früher oder später antritt. Zudem muss er sich aufgrund dessen auch nicht arbeitslos melden und für ihn spielt eine eventuelle Sperre des Arbeitslosengeldes deshalb ebenfalls keine Rolle.
Jedoch: Wird eine fristlose Kündigung ausgesprochen, muss zuvor eine massive Pflichtverletzung und in der Regel auch eine Abmahnung erfolgt sein. Fehlt diese Voraussetzung, kann die Kündigung vor Gericht für ungültig erklärt werden. Daher: Lassen Sie sich immer von einem Anwalt für Arbeitsrecht beraten. So wissen Sie, was rechtlich möglich ist und was nicht.
Fazit
Auch während der Kündigungsfristen sind vonseiten des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers alle vereinbarten Pflichten des Arbeitsvertrages einzuhalten. Keine der beiden Parteien muss in einem anderen Fall ein dem entgegengesetzten Verhalten tolerieren. Allerdings muss jeder Fall individuell abgewogen werden und geprüft werden, ob ein ausreichend triftiger Grund für eine nachträgliche außerordentliche Kündigung vorliegt.
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